Potenziale von Apps zum Erstellen von kleinen Videospielen für die inklusive Medienarbeit. Von Felix Heilmann
Mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones sind aus dem alltäglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Sie erfahren eine breite Akzeptanz für Komfort in Sachen Kommunikation. Sobald es jedoch um den Bildungsbereich geht, schwingt die Akzeptanz bei vielen in Skepsis und Abneigung um. Es werden nur noch die vermeintlich negativen Aspekte von Smartphones und Co. angebracht, statt die Chancen für die schulische und außerschulische Bildung aller Kinder und Jugendlichen zu sehen. Sie werden lediglich als ablenkende und die Lernumgebung vergiftende Geräte abgestempelt. Doch gerade im Bereich der inklusiven Medienarbeit können sie eine sinnvolle Ergänzung zum Unterrichtsstoff darstellen.
Zum Anlass der Berliner Stiftungswoche 2020 haben wir uns deshalb verschiedene Tools und Apps zur Erstellung eigener Videospiele angesehen, da dieses Feld unserer Auffassung nach interdisziplinäre Kompetenzen fördert und sie mit besonderem Blick auf Potenziale für die inklusive Medienarbeit untersucht. Drei dieser Tools sind uns besonders positiv in Erinnerung geblieben. Teilweise haben wir sie selbst schon bei Veranstaltungen genutzt. Die drei Apps sind Draw Your Game, Bloxels und Sketch Nation.
Zunächst soll es um die Gemeinsamkeiten der drei Apps gehen. Für keine der Apps sind Vorkenntnisse in Programmieren oder Design nötig. Viele Menüs sind zwar auf Englisch, Symbole machen es jedoch leichter sich zurechtzufinden. Vieles ist selbsterklärend. Außerdem ist die Bedienung nach einer kurzen Eingewöhnung unkompliziert. Durch die Touch-Bedienung ist nahezu keine Kraft zur Bedienung nötig. Darüber hinaus können trotz allem bestehende Schwierigkeiten mit Teamarbeit ausgeglichen werden. Teilweise bieten die Apps verschiedene Niveaustufen an. Angebote mit diesen Tools können daher bis zu einem gewissen Grad angepasst werden.
Nach den Gemeinsamkeiten gehen wir nun nochmal etwas genauer auf jedes der drei Tools ein. Neben diesem vergleichenden Artikel haben wir des Weiteren ein ausführlicheres Handout zu jeder App verfasst, welches den Einstieg erleichtern soll.
Zusammenfassende Informationen gibt es aber hier schon:
Draw Your Game
Mit Draw Your Game (ab iOS 9.0, ab Android 4.2, ca. 4 Euro Vollversion) können im Handumdrehen aus eigenen Zeichnungen Jump’n’Run-Level erstellt werden. Dabei beginnt der Prozess zunächst ganz analog: Auf einem Blatt Papier wird das Level mit den Farben schwarz, rot, blau und grün gemalt, anschließend mit der Kamera des jeweiligen Geräts direkt in der App abfotografiert und von der App in das Level umgewandelt. Jede Farbe hat dabei eine ganz bestimmte Bedeutung und solange die Farben eindeutig genug sind, erkennt der Farbsensor der App das Level auch. Dies wiederum bedeutet, das Level muss nicht unbedingt gezeichnet werden. Es kann gelegt, gebaut oder gebastelt werden. Dabei können unterschiedliche haptische Materialien verwendet werden und eine Kombination der Methoden ist auch möglich. Verschiedene Zugänge für verschiedene Nutzergruppen werden dadurch ermöglicht. Fertige Level können dann in der App noch weiter bearbeitet werden. Ein Modus nur zum Spielen der Level anderer ist ebenfalls vorhanden. Draw Your Game ist generell etwas niedrigschwelliger als die anderen beiden Tools.
Bloxels
In Bloxels (ab iOS 10.0, ab Android 4.4, App kostenlos, aber Account einmalig ca. 20€) bestehen die Spielwelt und deren Inhalte wie Spielfigur, Gegner oder Power-Ups aus Blöcken. Diese sind zunächst noch einfarbig. Ähnlich zu Draw Your Game erfüllt jede der acht verschiedenen Farben eine bestimmte Aufgabe. Ist der grundlegende Aufbau abgeschlossen, kann nun über jeden Block eine Art Maske gelegt werden, die ihm ein anderes Aussehen verleiht. Entweder wählt man aus einer Vielzahl von bereits bestehenden oder erstellt sie kurzerhand selbst, was dem Spiel natürlich den eigenen Touch verleiht. Die Eigenschaften der Spielfigur, von Gegnern und Power-Ups sind genau konfigurierbar und sogar das Geschichtenerzählen wird einer Block-Art ermöglicht. Auch Bloxels bietet einen haptischen Zugang: Auf einem schwarzen Brett kann entweder ein Abschnitt der Spielwelt oder eine Maske gelegt und dann abfotografiert werden. Konfiguriert wird dann auch wieder in der App, das Legen auf dem Brett dauert allerdings deutlich länger als das Spiel direkt in der App zu erstellen. Genau wie bei Draw Your Game können die Welten anderer Nutzer gespielt werden.
Sketch Nation
Sketch Nation (ab iOS 8.0, ab Android 4.4, kostenlos) ermöglicht die Erstellung verschiedener Arten von Spielen. Neben dem klassischen Jump’n’Run gibt es auch andere Konzepte wie “Match-3” oder “Traffic”, bei dem mit einem Auto dem drohenden Verkehr ausgewichen werden muss. Am Anfang jeder Erstellung wählt der Nutzer, wie viel Zeit er in den Prozess investieren möchte, dies beeinflusst die Komplexität und die Einstellungsmöglichkeiten. Je einfacher, desto mehr nimmt die App beim Prozess ab. Alle Grafiken für die Spiele werden in der App selbst mit Pixeln gezeichnet und ggf. animiert. Die App bietet am Anfang also eine Art Auswahl der Niveaustufe.
Einsatzideen für den Unterricht
Die beschriebenen Tools bieten unter anderem – neben jeder Menge Spaß! – auch einen Mehrwert für den Bildungsbereich. Zwei beispielhafte Szenarien wollen wir nun kurz anführen. Im Kunstunterricht zeichnet eine 2. Klasse gerade zum Thema Weihnachten. Es entstehen nach und nach Geschenke, geschmückte Tannenbäume und Zuckerstangen. Statt dem bloßen Zeichnen können sich die Kinder aber diesmal auch dazu entscheiden mit Draw Your Game ein Level aus weihnachtlichen Objekten zu erstellen. Im Deutschunterricht der 5a geht es aktuell um den typischen Aufbau einer Erzählung. Statt jedoch nur die Theorie zu besprechen, arbeiten die Kinder in Gruppen mit Bloxels. Die Aufgabenstellung könnte zum Beispiel lauten: “Veranschauliche den typischen Aufbau einer Erzählung mit Bloxels, indem dein Spiel eine eigene Geschichte erzählt.”
Wir hoffen Sie haben durch diesen Artikel und die Handouts ein paar kreative Anregungen und neue Denkanstöße bekommen. Vielleicht sehen Sie nun ab und zu mit einem anderen Blickwinkel auf den Einsatz mobiler Endgeräte im Unterricht und nutzen das große Potenzial Kompetenz übergreifender Apps, wie die hier von uns vorgestellten drei Beispiele zeigen.
Zum Autor
Felix Heilmann absolviert gegenwärtig ein FSJ digital bei der Technischen Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (tjfbg) gGmbH. Dabei unterstützt er u. a. das Team von barrierefrei kommunizieren!/ Medienkompetenzzentrum Mitte.
Hintergrund
Für die Stiftung barrierefrei kommunizieren! führt das Team regelmäßig offene Veranstaltungen rund um Inklusion und Medien durch. Der Beitrag entstand neben weiteren im Rahmen der Berliner Stiftungswoche 2020. Alle Beiträge gibt es hier.