Diversity-Day-Workshop, 30.05.2017
Zum Diversity Tag 2017 veranstaltete die Stiftung barrierefrei kommunizieren! einen Workshop über barrierefreie (Lern-) Software und Apps für inklusives Lernen. Pädagogische Fachkräfte müssen zunehmend vielfältigen Lernbedarfen gerecht werden – entsprechend zahlreich waren die Anmeldungen für die Veranstaltung. Möglichkeiten und Grenzen vieler Apps und Software wurden vorgestellt und konnten in einem Aufgaben-Parcours erprobt werden.
Spannend war das hohe Interesse der Teilnehmenden an Vernetzung und Austausch sowie die unterschiedlichen Bereiche, aus denen sie kamen. So konnte z. B. ein Hilfsmittelfirmaberater auch Details zur Beantragung von Software und Hilfsmitteln bei Kostenträgern liefern. Bei den vorgestellten Apps handelt es sich natürlich um eine Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Ziel war, eine Vorstellung von der Bandbreite des Themas zu vermitteln. Die Auswahl basiert auf eigenen Erfahrungen oder auf Quellen, wie zum Beispiel:
- App-Listen auf dem UK-App-Blog
- Rubrik App-Tipp von LifeTool Österreich
- Rehakids-Forum
- Datenbank Apps für Kinder vom Deutschen Jugendinstitut
Bevor man anfängt, gilt es zu überlegen, ob man sich eher für eine Software für PC oder Laptop oder eine Tablet-App entscheidet: Laptops sind teurer, aber komfortabler zum Schreiben. Auch die entsprechende Software ist meist teuer, verfügt aber eher über eine Hilfsmittel-Nummer – als Voraussetzung für eine Kostenübernahme durch Kostenträger wie Krankenkassen! Für Laptops bzw. PC spricht außerdem, dass hierfür eine größere Zahl von unterstützenden Computertechnologien zur Verfügung steht, insbesondere für Menschen mit schwereren Behinderung ein relevanter Faktor. Für Tablets spricht, dass sie günstiger und leichter zu transportieren. Dass es viele günstige Apps gibt, die oft leicht(er) zu bedienen sind, was Zugangs- und Nutzungsbarrieren bei allen Beteiligten senkt. Dass man mit Tablets ein All-in-one-Multimediatool in den Händen hält. Und nicht zuletzt der „Coolness-Faktor“, der zu einer hohen Akzeptanz führt.
Zunächst wurden Software und Apps vorgestellt, die den barrierefreien Zugang zu Lerninhalten überhaupt erst ermöglichen. Zielgruppe sind Lernende mit motorischen Behinderungen, Sehbehinderungen oder Autismus, die nicht oder nur schwer mit Stift und Papiermedien umgehen können. Oder Lernende mit Lernbehinderungen oder Lernschwierigkeiten, wie z. B. Legasthenie und Sprachentwicklungsverzögerungen. Wenn z. B. eine Körperbehinderung oder eine Seheinschränkung es erschweren oder unmöglich machen, mit dem Stift Arbeitsblätter zu bearbeiten, gibt es die Möglichkeit Aufgabenblätter digital zu bearbeiten. Für PC oder Laptop gibt es dafür umfangreiche Schulsoftware. Schulbuchverlage stellen ihre Arbeitshefte digital zur Verfügung, diese können dann mit Tastatur, Maus oder alternativer Eingabetechnologie (z. B. Mundmaus, Taster…) bearbeitet werden. Darüber hinaus bietet die Software jede Menge Spezialfunktionen, zum Beispiel für den Bereich Mathematik sowie barrierefreie Extras wie Vorlesefunktion. Wer nicht das ganz große „Paket“ benötigt, für den bieten Apps die einfache Möglichkeit, Arbeitsblätter einfach abzufotografieren und dann via Tablet-Tastatur weiter zu beschriften. Andere Apps bieten zusätzlich noch Vergrößerungs- und Vorlesefunktionen – hilfreich für Sehbehinderte. Auch für legasthene Kinder und Jugendliche gibt es umfangreiche Schulsoftware, die digitale Texte in unterschiedlichen Modi (z. B. buchstaben- oder wortweise) und Geschwindigkeiten vorlesen und zahlreiche Hilfen zum Schreiben (z. B. Wortvorhersage, Lexika, Grammatikfunktionen…) anbieten. Einige können auch gedruckte Texte via OCR-Funktion „vorlesefähig“ machen. Selbstverständlich gibt es auch hierfür „kleinere“ (Teil-) Lösungen in Form von Apps – hier gilt es entsprechend des individuellen Bedarfs abzuwägen.
Für Kinder mit Lernbehinderungen und Sprachentwicklungsverzögerungen gibt es ebenfalls zahlreiche Apps und Software, die beim Zugang zur Welt der Sprache, der Buchstaben und Zahlen sehr gut unterstützen können, da sie vergleichsweise stark motivieren. Die Schwierigkeit besteht eher darin, im Möglichkeitenmeer die geeignete App überhaupt erst zu finden – dazu ist eine intensive Beschäftigung mit dem Kind notwendig. Insofern lassen sich hier keine pauschalen Empfehlungen geben. Gut ist natürlich, wenn Apps eher reiz- und damit ablenkungsarm sind, kein Zeitdruck besteht, es zahlreiche Einstellungs- und Anpassungsmöglichkeiten gibt. Eine App, die viele Anpassungs- und Individualisierungsmöglichkeiten bietet, ist z. B. das Abilipad. Damit können komplett individuelle Tastatur-Layouts erstellt, miteinander verbunden und vertont werden – eine App, die viel Raum für Fantasie und Kreativität bietet, aber eben auch eine intensive Beschäftigung sowohl mit App als auch Bedürfnissen des Kindes notwendig macht. Idealerweise lassen sich Software und Apps auch mit unterstützenden Technologien vollständig bedienen, so dass auch Kinder mit schweren Körperbehinderungen sie nutzen können, wie es z. B. bei den Produkten von Lifetool der Fall ist.
Im letzten Teil des Workshops wurden Apps vorgestellt, die auf einfache Art und Weise das Erstellen kleiner Medienprodukte ermöglichen. Apps wie z. B. Bookcreator, Adobe Spark Video, Toontastic, Doodlecast, Explain Everything u. v. a. m. ermöglichen die Erstellung z. B von multimedialen Bilderbüchern, (Comic-) Geschichten, Fotoalben, Ich-Büchern, Szenenbilder, Wimmelbüchern, Such-Bilder, Lerngeschichten… und damit vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Förder- und inklusiven Medienpädagogik.
Linkliste und Materialien zu den im Workshop vorgestellten Apps