Ein inklusives Projekt in der Ganztagsschule. Gastbeitrag von Kai Zimmer
Die Montessori Grundschule Flingern arbeitet mit einem gebundenen Ganztagssystem mit insgesamt 10 altersgemischten Klassen mit Kindern vom 1. bis zum 4. Schuljahr, die in 5 Teams mit jeweils 2 Klassen aufgeteilt sind. Seit September 2013 bin im Team Amerika, dem einzigen offiziellen Inklusionsteam der Schule tätig. Die Tapir-Klasse, der ich hauptsächlich zugeteilt bin, umfasst insgesamt 25 Schülerinnen und Schüler; zwei Schüler hiervon haben attestierten Förderbedarf im emotional-sozialen Bereich, eine Schülerin hat eine dauerhafte Hörbehinderung.
Projekthintergrund
Während der Fußball WM 2014 bestand bei nahezu allen Teilnehmenden ein großes Interesse am Sammeln und Tauschen von Panini-Stickern, weshalb bei mir schon zu diesem Zeitpunkt die Projektidee entstand, ein eigenes Album zu entwerfen. Dieses Album sollte den Kindern als Projektionsfläche für ihre eigenen Helden, aber auch für ihre kreativen Ideen dienen, da sowohl bei den Projektteilnehmern mit emotional-sozialem Förderbedarf, aber auch bei einigen anderen Kindern ein großes Interesse an Superhelden und real existierenden Vorbildern, wie z.B. Profisportlern, besteht. Mein Ziel war es trotzdem, offen für andere kreative Vorschläge der Teilnehmenden zu sein.
Projektziele
Die Teilnehmenden sollten sich im Laufe des Projekts zum einen mit Fotografie und mit kreativen, digitalen Gestaltungsmethoden und zum anderen mit sich selbst, ihren eigenen Vorbildern, ihren Hobbys aber auch ihren Stärken und Schwächen sowie den Stärken und Schwächen der anderen Kinder auseinandersetzen. Mir war es wichtig, die Teilnehmenden in alle Schritte des kreativen Prozesses mit einzubinden. Hierauf möchte im Verlauf meiner Ergebnisse noch weiter eingehen. Trotz der Bemühung inklusiv zu arbeiten, zeigt sich im Schulalltag immer wieder, dass sich insbesondere das schulische Arbeiten und Lernen hauptsächlich an den Defiziten der Kinder orientiert. Im Gegensatz dazu wollte ich den Kindern mit Förderbedarf im Besonderen, aber auch allen anderen Kindern die Möglichkeit bieten, ihre Stärken darzustellen und diese in kreativen Arbeitsprozessen zu erproben und auszubauen. Die Kinder sollten sich durch das gemeinschaftliche Erlebnis als Gruppe erfahren, indem sie ein Album über ihre Klasse entwerfen. Die Kinder sollten die Möglichkeit bekommen, durch freie Arbeitsbedingungen ihre eigene Kreativität kennen zu lernen und ihren eigenen Arbeitsprozess zu steuern. Sie sollten durch den Umgang mit Fotokamera bzw. Handy und Laptop Kompetenzen im Umgang mit Medien erwerben. Außerdem sollten sie sich über die Gespräche in Bezug auf das Heldenthema und die Auseinandersetzung damit einen Bezug zu ihren eigenen Interessen, Stärken und Schwächen aufbauen und lernen, die Interessen ihrer Mitschüler wert zu schätzen. Das Ergebnis sollte sein, dass jedes Kind sein eigenes Stickeralbum mit allen Fotos aller Teilnehmenden erhält. Das Stickeralbum sollte eigene Geschichten, Bilder und andere kreative Ideen der Kinder enthalten.
Medien, Technik, Ressourcen
Für die Einheit Greenscreen-Fotografie kamen Foto-Handys zum Einsatz, da sich die meisten Kinder bereits mit Smartphones und der Kamera-Funktion auskennen. So konnten sie selbst Fotos aufnehmen bzw. sich gegenseitig dabei unterstützen. Des Weiteren kommen ein Ubuntu Laptop mit dem kostenfreien Bildbearbeitungsprogramm GIMP sowie ein Windows PC mit Adobe Photoshop CS5 und Comic Life zum Einsatz. Hierbei konnten die Teilnehmenden Erfahrungen mit unterschiedlicher Software auf unterschiedlichen Plattformen machen. Für die Arbeit am Projekt stand sowohl während der Unterrichtszeit als auch der Freispielzeit ein Klassenraum zur Verfügung, der im Verlauf auch für die Fotoaufnahmen genutzt wurde. Die Materialkosten für die Alben sowie die Fotos wurden vom Träger der Schule übernommen.
Projektdurchführung
In der ersten Phase des Projekts stellte ich den Kinder in der Freiarbeit zunächst das Heldenthema vor und ließ ihnen Zeit um Fragen zu stellen und beantwortete diese. Die nächsten Unterrichtseinheiten nutzte ich dazu in Kleingruppen Fragen zu beantworten aber auch Unsicherheiten zu beseitigen. Da das Projekt im Unterricht vorgestellt wurde, dachten viele Kinder zunächst einer bestimmten Erwartungshaltung entsprechend einer schulischen Leistung gerecht werden zu müssen. Ich führte deswegen auch viele Einzelgespräche mit den Teilnehmenden über ihre persönlichen Vorbilder, um ihnen diese Skepsis zu nehmen und ihre Kreativität anzuregen. In der zweiten Projektphase ging es darum, dass die Kinder ihre Ideen gezielt in Bildern oder Texten umsetzen, die später im Album abgedruckt wurden. Jeder Teilnehmende erhielt eine Seite im Album, die mit Elementen gefüllt wurde, die er oder sie selbst gestaltet hat. In der dritten Projektphase baute ich zusammen mit den Kindern den Klassenraum zu einem Greenscreen-Fotostudio um und nahm mit den Kinder zusammen die Fotos für das Album auf. Für die vierte Phase hatte ich geplant, die Kinder in den Prozess der digitalen Gestaltung mit einzubeziehen, was leider aufgrund von Zeit- und Personalmangel in meinem Arbeitsalltag nicht möglich war. Aufgrund von strukturellen Schwierigkeiten konnte der Abschluss des Projekts bzw. die Präsentation der Alben bislang leider nicht stattfinden.
Fazit: Pro & Contra
Das fertige Album besteht zwar zu einem großen Teil aus den Ideen der Kinder, es wäre trotzdem wünschenswert gewesen, sie bis zum Ende in den kreativen Prozess einzubinden. Das Projekt wurde von einem Großteil der Schülerinnen und Schüler sehr gut aufgenommen und es scheint, als hätte es ihnen sehr viel Spaß bereitet. Außerdem war ich überrascht, wie intensiv sie sich mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Grundsätzlich habe ich es unterschätzt, wie schwierig es ist ein Projekt umzusetzen, wenn man gleichzeitig an die Rahmenbedingungen des eigenen Arbeitsalltags gebunden ist. Auch wenn ich von der Projektidee sehr überzeugt bin und glaube, dass die Kinder viel Spaß an dem Projekt hatten, würde ich ein solches Projekt nicht mehr unter den gleich Rahmenbedingungen durchführen. Als externer Kooperationspartner sollte es durchaus möglich sein, ein solches Projekt innerhalb des Schulalltags durchzuführen, im Arbeitsalltags eines Erziehers lässt es sich leider nur schwer unterbringen.
Zum Autor
Kai Zimmer arbeitet seit Juni 2012 in der Montessori Grundschule Lindenstraße in Düsseldorf Flingern als pädagogische Ergänzungskraft und absolviert seit Oktober 2012 in diesem Rahmen eine berufsbegleitende Ausbildung zum Erzieher in Teilzeit.