von Domingos de Oliveira und Felix Heilmann
Blinde oder stark seheingeschränkte Menschen haben oft Probleme damit, den Inhalt von Filmen, Serien und Videos zu verstehen. Das liegt daran, dass sie zwar die Dialoge und die Musik hören können, wichtige Informationen wie Mimik, Gestik und Aussehen von Figuren sowie deren Handlungen ihnen aber verborgen bleiben. Es sei denn, die Videos besitzen eine Audiodeskription. Eine vorher aufgenommene Stimme vermittelt dabei in kurzen und prägnanten Punkten zwischen Dialogen den Bildaufbau und die oben genannten Informationen. Für ein bestimmtes Video eine gute Audiodeskription in der gewünschten Sprache zu finden, kann sich als Mammutaufgabe herausstellen. Hier kommt die kostenlose Plattform YouDescribe ins Spiel, die insbesondere auch für den Einsatz in der Medienarbeit spannende Möglichkeiten bietet.
Videos finden und ansehen
Für das bloße Suchen und Ansehen eines Video auf YouDescribe wird nur ein Browser (Chrome, Firefox, etc.) benötigt. Alternativ kann auch die kostenlose iPadOS oder iOS App aus dem App Store verwendet werden. In beiden Fällen kann einfach in der Suchleiste nach allen Videos gesucht werden, die auch auf YouTube zu finden sind, denn YouDescribe streamt alle Videos von YouTube. Nun kann es sein, dass bereits ein Nutzer eine Audiodeskription für dieses Video erstellt hat. In diesem Fall kann das Video einfach mit dieser angesehen werden. Die Qualität der Audiodeskription kann variieren, da wirklich jeder eine erstellen kann. Daher gibt es ein 5-Sterne Bewertungssystem. Gibt es mehr als eine Audiodeskription, zum Beispiel in verschiedenen Sprachen, kann auch zu einer anderen gewechselt werden. Sollte es noch keine für das gesuchte Video geben, was aufgrund der schieren Masse an YouTube Videos sehr wahrscheinlich ist, besteht die Möglichkeit dieses mit einem Herzen zu markieren und so auf die “Wunschliste” zu setzen. Diese kann ebenfalls von jedem Nutzenden eingesehen werden.
Eigene Audiodeskriptionen erstellen
Um selbst Audiodeskriptionen erstellen zu können, ist das Anmelden mit Google notwendig, außerdem funktioniert dies nur auf Laptop oder PC/Mac. Zunächst wird einfach ein Video gesucht und dann auf dem Video der “Describe”-Button angeklickt. Nun öffnet sich der Editor. Als Erstes sollte die Sprache der Audiodeskription festgelegt werden. Dazu kann einfach das Drop-Down-Menü auf der rechten Seite benutzt werden. Das Video, für welches die Audiodeskription erstellt wird, lässt sich nun abspielen, pausieren und zurücksetzen, um die richtige Stelle für den Beginn eines Audiokommentar zu wählen. Für die Aufnahme muss ein Mikrofon angeschlossen und diesem der Zugang gewährt worden sein. Der Editor unterscheidet zwischen “inline” und “extended” Kommentaren. Bei “inline” Kommentaren läuft das Video weiter und der Kommentar darüber. Bei “extended” Kommentaren wird das Video pausiert und um die Dauer der Tonspur verlängert. Praktisch ist darüber hinaus die Notizfunktion. Sobald die Aufnahmen zufriedenstellend sind, sollte die Beschreibung mit dem “Save”-Button gespeichert werden.
Weitere Infos
Die Benutzeroberfläche von YouDescribe ist komplett auf englisch. Leider gibt es auf der Plattform keinen Sprachfilter für die Suche oder Statistiken darüber, in welcher Sprache es die meisten Audiodeskriptionen gibt. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass Englisch dabei der unangefochtene Spitzenreiter ist. Ein Grund dafür ist auch, dass die Plattform vom amerikanischen The Smith-Kettlewell Eye Research Institute maßgeblich entwickelt wurde. Dieses Forschungsinstitut beschäftigt sich in seinen Projekten und Studien mit Sehkraft, Augenkrankheiten und sensorischer Rehabilitationstechnik. Die Plattform ist daher in Deutschland noch ziemlich unbekannt, aber der größte Vorteil ist, dass so wirklich jeder mal eine Audiodeskription erstellen kann. YouDescribe ist für Content Creator eine gute Möglichkeit ihre Videos barrierefrei zu machen.
Fazit von Domingos de Oliveira, Experte für barrierefreies Internet und Nimm!-Inklusions-Scout:
„You Describe wird eher im Englischen stark genutzt, die Qualität der Videos und Beschreibungen, die ich gesehen habe sind meines Erachtens gut, schwankt aber natürlich. Ich finde den einfachen Mitmach-Aspekt spannend – für die Medienarbeit auf jeden Fall ein gutes Instrument.“